Kleiner Mengeringhäuser Freischießens-Leitfaden

Von Erich Müller


  • Mengeringhausen wurde 1234 erstmals urkundlich erwähnt, ist aber beträchtlich älter. Der Ort entstand wohl im frühen 8. Jh. als altsächsische Siedlung, bekam aber erst im 13. Jh. Stadtrechte.

  • Alle 7 Jahre feiern wir Mengeringhäuser nicht etwa ein Schützenfest, sondern das historische Freischießen.

  • Unsere Schützengesellschaft geht urkundlich auf das frühe 16. Jh. (1502/1500) zurück. Es wird jedoch schon im Mittelalter eine vergleichbare Vereinigung gegeben haben. Eine Bestätigungsurkunde des Paderborner Bischofs wurde 1505 ausgestellt.

  • Der Name der Schützengesellschaft, St. Sebastiani, bezieht sich auf den Schutzpatron der Schützen und Jäger.

  • Der Begriff "Freischießen" ist erstmalig für 1729 schriftlich belegt. Er kann daher rühren, daß man sich "freischießen", d.h. die Bedingungen erfüllen mußte, die an Mitglieder der damaligen Schützenbruderschaft gestellt wurden.

  • Der 7-jährige Turnus pendelte sich Anfang des 19. Jh. Ein, davor wurde in unregelmäßigen Abständen, lange Zeit sogar jährlich gefeiert.

  • Zwei historische Gestalten repräsentieren nach außen das gesamte Festgeschehen besonders: der Eiserne Heinrich und der König.

  • Die eine Ehre gebührt Heinrich dem Eisernen, der den Waldeckischen Grafen Heinrich VI. (1369-1397) als Vorbild hat. Dieser zeigte sich am liebsten in seiner Rüstung. Auch soll er der Stadt sehr zugetan gewesen sein. Graf Heinrich bewohnte hier seinen Freihof und bezog später die Burg.

  • Die andere Ehre gebührt dem König. Er wird in Mengeringhausen durch Wahl und nicht durch Ausschießen bestimmt, um damit die Würde noch zu unterstreichen.

  • Das Anfang Juli oder Ende Juni durchgeführte Fest wird vor allem durch die rege Beteiligung der Bürger und Bürgerinnen und durch die Truppen der Bruderschaft geprägt. Es gibt nach Kategorien und dann in Festzugsreihenfolge: Historische Gruppen (Herold mit Fanfarenbläsern; Lanzengarde; Graf Heinrich mit seinen Knappen; Konstabler; Armbrustschützen; Ratsherren; König und Becherträger; Zunftmeister; Musketiere; Scheibenwärter mit Hammel und Feldmetzgern), die Schützen der Männerkompanien (Alt- und Neustadt), die Burschen (Auditeur, Oberst, Festausschuß, Kompanie Altstadt, Hellebardiere, Kompanie Neustadt), den Fanfarenzug, den Knabenoberst mit seinen Kompanien sowie die Schlußreiter.

  • Unser Freischießen dauert immer von Donnerstag bis Sonntag; am vorhergehenden Mittwoch finden die Totenehrung und der Große Zapfenstreich, am folgenden Montag das "Heringsbegräbnis" statt.

  • Die Sitte der Burschen, zur Beendigung des Festes einen Hering zu begraben, kam Ende des 19.oder Anfang des 20. Jh. auf; der genaue Sinn des Herings, der unter den Linden seine Ruhestätte findet, ist nicht mehr bekannt.

  • Zur Probe finden neben Schützenversammlungen vor Freischießen - normalerweise zu Himmelfahrt und Fronleichnam - zwei große Ausmärsche statt, die auf die Warte führen (früher zur Söllinge; dort gab es ein freies Übungsgelände) und von den Burschen ausgerichtet werden. In den Jahren zwischen den Freischießen wird zu Himmelfahrt bei Schnadezügen die Gemarkungsgrenze Mengeringhausens abgegangen.

  • Höhepunkte der Feierlichkeiten sind auch das 1902 erstmalig aufgeführte historische Festspiel "Treue um Treue" und die Gerichtsszene unter den Linden, im 16. Jh. Ort eines Freigerichts.

  • Das Festspiel wurde vom Mengeringhäuser Reichstagsabgeordneten Dr. Friedrich Böttcher geschrieben und war 1929 Anlaß zum Bau der denkmalwürdigen Stadthalle, der überwiegend in Eigenleistung und durch Spenden bewerkstelligt wurde. Es erinnert an den Überfall eines Ritters der Familie Rabe von Canstein im Jahr 1502; bei diesem und einem früheren (1489) Angriff auf die Stadt wurde durch Feuer und Kämpfe großer Schaden an Leib, Leben und Gut angerichtet; die dauerhafte Einverleibung Mengeringhausens gelang den Rabe aber nicht.

  • Der Überfall von 1502 gilt außerdem als ein Anlaß zur Gründung der Schützengesellschaft St. Sebastiani und damit als wesentliche Ursache des Freischießens.

  • Die Gerichtsszene schrieb der aus Hagen stammende Volksschullehrer Fritz Böttcher extra für das Freischießen 1930. Schon damals und bis heute spielt die Lanzengarde eine führende Rolle bei der Umsetzung dieser Freilichtaufführung.

Literaturhinweise:

  • Baumann, Reinhard: Landsknechte, München 1994.
  • Blau, Friedrich: Die deutschen Landsknechte, o.O.1882/Essen 1985.
  • Embleton, Gerry: Söldnerleben im Mittelalter, Stuttgart 2006
  • Fiedler, Siegfried: Kriegswesen und Kriegführung im Zeitalter der Landsknechte, Koblenz 1985.
  • Funken, L. und F.: Rüstungen und Kriegsgerät der Ritter und Landsknechte 15. – 16. Jahrhundert, München 1980.
  • Miller, Douglas, John Richards und Gerry Embleton: Landsknechte 1486-1560, Sankt Augustin 2004.
  • Ortenburg, Georg: Waffe und Waffengebrauch im Zeitalter der Landsknechte, Koblenz 1984.
  • Peters, Jan (Hg.): Ein Söldnerleben im Dreißigjährigen Krieg, Berlin 1993.
  • Pleticha, Heinrich: „Die Landsknechte“, in: Pleticha, Heinrich (Hg.):
  • Deutsche Geschichte in 12 Bänden, Bd. 6, Reformation und Gegenreformation, Gütersloh 1984, S. 117 – 137.